Trauerfolgestörung

Eine Trauerfolgestörung, auch als anhaltende komplexe Trauerstörung (Persistent Complex Bereavement Disorder nach ICD-11) bekannt, tritt auf, wenn die Trauer nach dem Verlust eines geliebten Menschen übermäßig intensiv und langanhaltend ist und die normale Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Die Symptome umfassen:

  1. Anhaltende Sehnsucht nach der verstorbenen Person: Intensives Verlangen oder sehnsüchtiges Denken an die verstorbene Person.
  2. Emotionale Taubheit oder Leere: Gefühl von emotionaler Taubheit, Leere oder Sinnlosigkeit im Leben ohne die verstorbene Person.
  3. Gedankliche Beschäftigung: Häufige und intensive gedankliche Beschäftigung mit dem Verstorbenen, oft verbunden mit Grübeln über den Tod und die Umstände des Todes.
  4. Intensive Trauer: Tiefe Traurigkeit und Verzweiflung, die auch nach längerer Zeit nach dem Verlust nicht abklingen.
  5. Vermeidung: Vermeidung von Erinnerungen oder Situationen, die an den Verstorbenen erinnern.
  6. Gefühl von Bedeutungslosigkeit: Empfinden, dass das Leben ohne die verstorbene Person keinen Sinn mehr hat.
  7. Identitätsverlust: Gefühl des Verlusts der eigenen Identität oder des Selbstverständnisses aufgrund des Verlustes.
  8. Soziale Isolation: Rückzug von sozialen Aktivitäten und Beziehungen, oft weil diese an den Verstorbenen erinnern oder weil soziale Unterstützung fehlt.
  9. Körperliche Symptome: Schlafstörungen, Appetitverlust, Müdigkeit und andere körperliche Beschwerden, die durch die anhaltende Trauer verursacht werden.
 

Verhaltenstherapeutische Behandlung

Die Verhaltenstherapie zielt darauf ab, die belastenden Gedanken und Verhaltensweisen zu verändern und den Betroffenen zu helfen, den Verlust zu verarbeiten und ein erfülltes Leben ohne die verstorbene Person zu führen. Die Behandlung umfasst verschiedene Ansätze:

  1. Verhaltenstherapie:
    • Kognitive Umstrukturierung: Identifikation und Veränderung dysfunktionaler Gedanken und Überzeugungen über den Verlust und die eigene Fähigkeit, damit umzugehen.
    • Trauerverarbeitung: Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit und dem Akzeptieren des Verlustes durch strukturierte Gespräche und Übungen.
  2. Expositionstherapie:
    • Konfrontation mit Erinnerungen und Situationen: Gezielte Exposition gegenüber Erinnerungen, Orten und Gegenständen, die an den Verstorbenen erinnern, um die emotionale Reaktion zu mindern und die Vermeidung zu reduzieren.
  3. Psychoedukation:
    • Aufklärung über normale und komplizierte Trauerreaktionen, um das Verständnis und die Akzeptanz der eigenen Gefühle zu fördern.
  4. Förderung positiver Aktivitäten:
    • Unterstützung bei der Wiederaufnahme von Aktivitäten, die Freude und Erfüllung bringen, und Förderung sozialer Kontakte, um Isolation zu verhindern.
  5. Achtsamkeitsbasierte Ansätze:
    • Techniken wie Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (angelehnt an MBSR) und Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (angelehnt an MBCT), um die Wahrnehmung und Reaktion auf Trauergefühle zu verändern und Akzeptanz zu fördern.
  6. Trauerbewältigungsstrategien:
    • Entwicklung und Stärkung von individuellen Bewältigungsstrategien, um den täglichen Umgang mit der Trauer zu erleichtern.
 

Das Hauptziel der verhaltenstherapeutischen Behandlung bei einer Trauerfolgestörung ist es, den Betroffenen zu helfen, den Verlust zu verarbeiten und ein neues Gleichgewicht im Leben zu finden. Dies umfasst das Erleben und Akzeptieren der Trauer, das Erinnern an die verstorbene Person auf eine Weise, die nicht belastend ist, und das Finden eines neuen Sinns und Zweckes im Leben. Dabei soll die Lebensqualität verbessert und die Fähigkeit, normale tägliche Aktivitäten und soziale Beziehungen zu pflegen, wiederhergestellt werden.